Änderungsantrag zur Vorlage „Die Linke 3/09“

Betreff: Geldleistungen statt Wertgutscheine für Asylbewerber

Beschlussvorschlag:

Personen, die gemäß §§ 2 und 3 Asylbewerberleistungsgesetz im Landkreis Barnim Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten, bekommen diese Leistungen nach Prüfung des Einzelfalles als Geldleistungen gezahlt.

Die zugehörigen Haushaltspositionen werden entsprechend angepaßt.

Begründung:

Nach § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von Sachleistungen Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden. Die Praxis, Geldleistungen zu gewähren, ist inzwischen in vielen Kreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg üblich (s. beiliegende Aufstellung). Der Landkreis Barnim zählt bisher zu den Kreisen mit der regressivsten Handhabung des Verfahrens.

Ein gesetzlicher Zwang zu Sachleistungen besteht gem. AsylbLG nur in Aufnahmeeinrich­tungen im Sinne des § 44 Asylverfahrensgesetz. Dabei handelt es sich um sogenannte Erstauf­nahmeeinrichtungen der Länder (in Brandenburg in Eisenhüttenstadt), in denen Asylbewerber für die erste Zeit ihres Aufenthaltes untergebracht werden. Für den Personenkreis, der nicht mehr verpflichtet ist, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, ist den zuständigen Behörden auf kommunaler Ebene ein verhältnismäßig weites Ermessen bezüglich der Alternativleistungs­formen eingeräumt. 1

Wird das Sachleistungsprinzip angewandt, bleibt den Betroffenen nur ein Betrag von 40 Euro als Barbetrag („Taschengeld“) pro Monat. Dieser Betrag reicht nicht aus, um das grundgesetz­lich garantierte sogenannte soziokulturelle Existenzminimum zu befriedigen. Eine auch nur minimale Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ist nicht möglich. Es besteht kein Spielraum für eigene Entscheidungen bzgl. der Deckung des individuellen Grundbedarfs. Bspw. ist eine Ernährung nach landesspezifischen Gewohnheiten, eine Ausübung der spezifi­schen Religion (Teilnahme an Veranstaltungen) oder das Erlernen der deutschen Sprache an der Volkshochschule und die Wahrnehmung des eigenen Rechtsschutzes kaum möglich.

Die im § 3 Abs. 2 AsylbLG beschriebenen „Umstände“ sind nicht auf die besonderen Umstände der Leistungsberechtigten im Einzelfall eingeschränkt, sondern beziehen sich auch auf die besonderen Umstände der Kommune. Der Landkreis Barnim hat, wie andere Kreise im Land Brandenburg auch, mit dem Problem des Rechtsextremismus zu kämpfen. Er gehört zu den Kommunen, die sich an der bundesweiten Ausschreibung zum neuen Bundesprogramm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlich­keit und Antisemitismus” Programmbereich „Entwicklung integrierter lokaler Strategien (Lokale Aktionspläne) beteiligt haben und die für eine Förderung ausgewählt wurden. Gerade im Bereich Joachimsthal, wo sich das Asylbewerberheim befindet und die Asylsuchenden gezwungen sind, mit ihren Gutscheinen einzukaufen, wäre es wichtig, die soziale Stellung der Asylsuchenden zu stärken und sie nicht als „Menschen zweiter Klasse“ erscheinen zu lassen. Die andersartige Behandlung der Flüchtlinge und der häufig zugrunde liegende Verdacht des Missbrauches von Sozialleistungen, führt bei der deutschen Bevölkerung zu einer abwertenden Haltung den Flüchtlingen und damit auch den anderen Ausländern gegenüber.

Ein Festhalten am Sachleistungsprinzip bedeutet für die Betroffenen eine Diskriminierung, die nicht notwenig, nicht mehr zeitgemäß und daher nicht länger vertretbar ist. Daneben verursacht das derzeitige System einen deutlich höheren Aufwand und höhere Kosten für den Landkreis, als dies bei Gewährung von Geldleistungen der Fall wäre.

Ute Krakau
Fraktionsvorsitzende Grüne/BdE

1 s. Lederer, A. (2003): Rechtliche Zulässigkeit der Gewährung von „Geld statt Gutscheinen“ durch die Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg, Gutachten

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